zum Inhalt
In der Menschheitsgeschichte kam es - aus sehr unterschiedlichen Gründen
- immer wieder zu Diskriminierungen und intensiven Ausgrenzungen, sowohl
gegenüber einzelnen Personen als auch gegenüber politisch
oder weltanschaulich "fremden" Gruppen. Zu den bedrückendsten
Geschehnissen der Vergangenheit zählt u. a. die Hexenverfolgung,
der europaweit von 1430 bis 1780 ungefähr 60 000 bis 70 000 Menschen
zum Opfer fielen. Warum kam es zur Verfolgung von Hexen? Wer konnte
als Hexe bzw. Hexenmeister angeklagt und hingerichtet werden? Was wissen
wir über die Befürworter bzw. über die Gegner der Hexenlehre?
Zur Beantwortung dieser Fragen hat die Autorin im ersten Teil aktuelle,
studienübergreifende Ergebnisse zur Hexenforschung ausgewertet
und Bezüge zur Gegenwart hergestellt. Sie beschreibt im zweiten
Teil an Hand der von Wissenschaftler/innen untersuchten Dokumente (Protokolle,
Kostenrechnungen, Briefe) 56 Schicksale aus Hexenprozessen des Niederrheins:
von Frauen, Männern und Kindern. Der dritte Teil besteht aus einer
erstmals veröffentlichten chronologischen Dokumentation von 1074
bis 1738 mit über 650 Hinweisen auf bekannte Hexenprozesse des
Niederrheins. Die drei Themenschwerpunkte ergänzen sich, bieten
aber auch unabhängig voneinander aufschlussreiche Einblicke in
die Lebensbedingungen der Frühen Neuzeit und die Hintergründe
der Hexenverfolgung.
über die Autorin
Hetty Kemmerich, geboren 1944 in Lindlar im Bergischen Land, Lehrerin
i. R. Nach der Ausbildung an einer Kölner Sparkasse machte die
Autorin 1966 in Gummersbach das Abitur und studierte Deutsch und Geschichte
für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen in Neuss. Im Anschluss
an das Referendariat unterrichtete sie von 1970 bis 1998 an einer Duisburger
Grundschule. Gleichzeitig galt ihr Interesse politischen, psychologischen
und religiösen Themen sowie Veröffentlichungen zur Frauen-
und Genderforschung. Seit fünfzehn Jahren hat sich die Autorin
ein umfangreiches Wissen über die neuesten Studien der Hexenverfolgung
erarbeitet und die Ergebnisse in diesem Buch zusammengefasst.
Vorwort
Viele Menschen stellen sich Hexen zumeist als alte hässliche und
böse Frauen aus Märchen vor. Genaue Kenntnisse über die
Hexenverfolgung sind weniger verbreitet. Hexenprozesse werden im traditionellen
Unterricht und in den Medien erst seit einigen Jahrzehnten thematisiert.
Ich habe erstmals 1967 während des Studiums für das Lehramt
(Deutsch und Geschichte) - außerhalb der üblichen Pflichtlektüre
- davon erfahren.
Beim Kirchentag in Frankfurt 1987 wurde ich durch das von Jutta Voss
(Theologin und Psychoanalytikerin) inszenierte "Frauenrequiem"
in eindrucksvoller Weise an die Opfer der Hexenverfolgung erinnert.
Der entscheidende Impuls zur intensiveren Auseinandersetzung mit dem
Thema kam ein Jahr später von (m)einer Frauengruppe in Duisburg-Hochheide,
die mich bat, über "Hexen der Neuzeit" zu referieren.
Anschließend wurde ich mehrfach zu Vorträgen eingeladen.
Gleichzeitig erweiterte ich mein Wissen durch Bücher, Filme, Seminare
sowie den Besuch von Gedenkstätten in Düsseldorf, Freiburg
und Siegburg sowie bei Hexen-Ausstellungen in Düsseldorf (1991
zum 400. Geburtstag des Friedrich Spee), in Rothenburg ob der Tauber,
in Rüdesheim, in Hamburg und zuletzt 2002 in Berlin.
Im Laufe der Jahre entstand zum Thema Hexen eine umfangreiche Literatursammlung
mit Texten und Bildern. 1998 schrieb ich für das örtliche
Jahrbuch und für das von der Stadt Duisburg herausgegebene Frauen-Geschichtsbuch
Beiträge über die regionalen Hexenprozesse. 1999/2000 gestaltete
ich dazu Ausstellungen in Duisburg-Mitte und Hochheide, in Mülheim
und Moers.
Nach meiner Pensionierung (1998) bestärkten mich mehrere Freundinnen
und Freunde, für interessierte Leser/innen über die Hexenprozesse
ein Sachbuch zu schreiben. Wie kompliziert dies ist, war mir inzwischen
bewusst geworden; denn die Ursachen und Motive sind äußerst
komplex, manche Veröffentlichungen umstritten, viele Zahlen und
Daten falsch. Außerdem lassen sich bisher selbst für Wissenschaftler/innen
nicht alle Facetten der Hexenproblematik vollständig entwirren
und erschließen.
Im Laufe der Zeit stellte ich fest, dass es über die zur Zeit bekannten
Hexenprozesse des Niederrheins noch keine ausführliche Zusammenfassung
gibt. Nach intensiven Recherchen habe ich es schließlich gewagt,
die - aus meiner Sicht - wichtigsten Aspekte zur Hexenverfolgung aufzuzeichnen.
Ich konzentrierte mich auf drei Schwerpunkte:
Der erste Teil des Buches beschreibt die vielfältigen Entstehungsbedingungen,
Prozessverfahren sowie Auswirkungen der Hexenverfolgung und weist auf
damalige Kritiker hin. Dabei werden niederrheinische Besonderheiten
sowie aktuelle Erklärungsansätze und Forschungsergebnisse
zum Hexenphänomen berücksichtigt.
Der Inhalt soll verdeutlichen, warum Hexen verfolgt wurden.
Der zweite Teil informiert - in Anlehnung an die Gerichtsprotokolle
- über Schicksale von Frauen, Männern und Kindern, die am
Niederrhein wegen Hexerei angeklagt, gefoltert und zumeist hingerichtet
worden sind.
Jedes Schicksal ist ein Denk-Mal.
Im dritten Teil sind die mir bisher bekannten Zauberei- und Hexenprozesse
des Niederrheins - von 1074 bis 1738 - chronologisch in kurzer Form
dargestellt, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.
Die Dokumentation kann gern Anlass zur Ergänzung bieten.
Die Namen der Opfer sollen die Erinnerung an das erlittene Unrecht
wach halten.
Der Titel meines Buches stammt aus einem Verhör von 1631. "Sagt,
was ich gestehen soll!", flehte Anna Katharina Spee aus Bruchhausen
während der Folter, als sie nicht mehr wusste, was die Richter
z. B. über die Teufelsbuhlschaft im einzelnen sonst noch alles
hören wollten.
Den Wissenschaftler/innen - insbesondere Frau Dr. Ingrid Lessing - sowie
Freundinnen und Freunden, die mich beim Schreiben ermutigt oder mich
mit Geduld und Sachkompetenz beraten und unterstützt haben, danke
ich sehr.
Paperback, 340 Seiten, 46 Abbildungen
16,50 €
ISBN: 978-3-929931-18-1